Du hast 68 bis 75 an der HFBK, der Hochschule für bildende Künste Hamburg, studiert, das muss eine aufregende Zeit gewesen sein. Magst du uns eine Anekdote erzählen?
Mit Anekdoten kann ich nicht aufwarten, aber ich kann etwas berichten, was mich in gewisser Weise sehr beeinflusst hat. Ich habe viel Zeit in der Druckwerkstatt verbracht aus Interesse an Druckgrafik, aber auch weil es ein Treffpunkt war für sehr verschiedene Menschen, aus Afrika, aus Indien, aus Thailand, Korea, Südamerika. Wir nannten es den „internationalen Club“. Es hat mir die Augen geöffnet für nichteuropäische Kunst. Und endlich war ich nicht mehr der einzige mit einem nicht-deutschen Namen. Der hatte mir nämlich in der schwäbischen Heimat in den 50ern und 60ern stets eine mir nicht angenehme Außenseiterrolle beschert.
Wer war zu der Zeit dein Professor?
Dazu muss ich mehrere Namen nennen: Wilfried Minks, Kai Sudeck, Max Bense, Max Bill, Bazon Brock – ohne zum engeren Brock-Kreis zu gehören –, Gerhard Rühm.
Gibt es Künstler, die du als Vorbild bezeichnen würdest?
Die sind leider so unbekannt, dass ich sie auch nicht kenne. Es gibt einige, deren Haltung mich fasziniert: u. a. Giorgio Morandi, George Grosz, Georgia O'Keeffe, La Monte Young, Galina Ustvolskaja.
Wie kommst du zu deinen Motiven?
Dazu muss ich vorausschicken, dass ich in unterschiedlichen Gruppierungen einige interdisziplinäre Nebenprojekte verfolge, wie Themenabende, Clubabende oder Stadtrundgänge. Deswegen habe ich möglicherweise zur Tätigkeit des Malens eine besondere Beziehung. Mir ist dabei zunächst nicht das Endprodukt so sehr wichtig, sondern die ganzen Überlegungen und Prozeduren, die vorher stattfinden, nicht zuletzt die Frage, wer oder was denn das „Ich“ ist, das sich jetzt ans Malen machen möchte. So habe ich mir einen imaginären Assistenten erfunden, den ich schelten kann, wenn etwas nicht klappt.
Wenn ich male, nehme ich gerne die Rolle eines „Reisemalers“ an, real und virtuell. Im letzteren Fall bereise ich die Nordhalbkugel des Planeten mit den mittlerweile sehr häufig zu findenden Webcams, Grönland, Island, Neufundland etc., weil ich zufällig in einem kalten Winter bemerkt habe, dass manche Webcams die Kälte nicht vertragen und dadurch völlig farbverschobene, fremdartige Abbilder liefern. Schaut man da längere Zeit drauf, dann beschleicht einen das Gefühl, möglicherweise einen fremden Planeten zu betrachten. Diese Eindrücke transformiere ich dann mit Leuchtfarben auf Papier.
Im ersten Fall erkunde ich die Metropolregion Hamburg auf der Suche nach ungewöhnlichen Orten (lost Places), oft auch zu ungewöhnlichen Zeiten.
Entstehen deine Bilder vor Ort oder malst du vom Foto?
Vor Ort malen kann ich nicht, höchstens etwas skizzieren. Ich benutze Fotos und meine Erinnerung, wobei ich versuche, die Fotos so sachlich und einfach zu machen wie möglich. Dazu kommt meist noch eine Nachbearbeitung am Rechner.
Hast du einen Lieblingsort?
Lange Zeit waren es die ehemaligen Munitionsfabriken Max Duttenhofer (ein Spaziergangstipp im Hamburger Abendblatt) und Alfred Nobel bei Geesthacht, dazu kamen später die ehemaligen Standortübungsplätze und andere Brachen um Hamburg herum.
Deine Bilder wirken oft düster, warum neigst du zu dieser Stimmung?
Wenn ich einen dunklen Wald male, dann ist das Bild eben dunkel ( grinst), aber nicht die Stimmung. Mich interessieren nicht-alltägliche Farbwelten, die nur mit speziellen Farben wie metallisch schimmernden Interferenzfarben über einem schwarzen Grund zu erreichen sind.
Wir haben dich unter der Kategorie Realismus und Moderne eingeordnet, aber beschreibe deinen Stil doch mal in eigenen Worten.
Das Malen und Zeichnen betreibe ich bewusst sehr langsam, mit vielen dünnen Lasuren auf dem flach liegenden Bildträger. Immer orientiert am Abbild, manchmal mit eingeschriebenen Worten. Dabei immer das Wissen, dass das Tafelbild nur einen kleinen Bereich von Malerei repräsentiert.
Hast du eine Vorliebe für gewisse Formate?
Eindeutig für kleine bis mittlere Formate. Lieber Spitzweg als Makart. Dazu ein Zitat von Wols: Alles, was beim Malen über eine Handbewegung hinausgeht, ist Gymnastik.
Gibt es ein Werk, auf das du besonders stolz bist?
Stolz möchte ich es nicht nennen, aber aus der Reihe der Nebenprojekte denke ich besonders gerne und mit größtem Vergnügen an unsere „Wortpension“, die Mathias Will und ich in der Weihnachtszeit im „Hafenbahnhof“ eingerichtet hatten. Bei uns konnten die Besucher die Worte für 14 Tage in Pension geben, die sie nicht mehr hören wollten. Da wir die Aktion mit bürokratischem Ernst betrieben haben, entstanden spontan ganz wunderbar absurde Dialoge mit dem Publikum. Die in Pension gegebenen Worte haben wir natürlich nach 14 Tagen wieder per E-Mail an ihre Besitzer zurückgeschickt.
Du bist Mitglied der Hanseatischen Gesellschaft für Wasserfarbenmalerei. Was genau ist das?
Das ist eine lange und lustige Geschichte, deren Entstehung ich hier nicht weiter ausführen kann. Es ist ein lockerer Verbund von KünstlerInnen, die sich unter anderem auch mit Wasserfarbenmalerei auseinandersetzen. Der Titel ist der englischen Royal Watercolour Society nachempfunden. Wir hätten gerne zur ersten Ausstellung im damaligen Künstlerhaus am Jenischpark auch Prinz Charles eingeladen, hatten aber grade nicht seine Adresse zur Hand.
Was für Kunst hängt in deiner Wohnung?
Da ich gar nicht so viel Wandfläche habe, hängen da nur ein paar kleine Formate von Freunden und Freundinnen.
Was steht bei dir in naher Zukunft an?
Ich bin weiterhin sehr an interdisziplinären und themenorientierten Projekten interessiert und möchte gerne z.B. unser „Imaginarium“ mit Llaura Sünner und Tobias Sandberger weiter verbreiten. Das ist eine Kooperation mit einem Zauberer (Wittus Witt), einem Filmemacher (Jörn Staeger) und den beiden schon Genannten. Es geht dabei um Magie und Zauberei.
Außerdem verfolge ich ein Projekt mit Musikern, die ich einlade, zu kurzen Slideshows meiner Bilder den Sound zu entwickeln. Das Ergebnis wird dann wahrscheinlich auf Vimeo zu sehen sein. Denn ich glaube, dass es auch jenseits der Galeriewand Präsentationsmöglichkeiten für Tafelmalerei gibt.