Du kommst ursprünglich aus Berlin. Was hat dich nach Frankfurt Oder verschlagen?
Das Schicksal und meine Familie. Es ist so, dass meine Freundin in Berlin studiert hat und ich sie dort kennengelernt habe. Dann haben wir ein Kind zusammen bekommen und es war schwierig, in Berlin eine passende Wohnung zu finden, da der Markt dort gerade ein bisschen kompliziert ist. Daraufhin haben wir uns entschlossen, nach Frankfurt, in die Heimat meiner Freundin zu ziehen. Mit der Option, in Berlin weiterzuarbeiten, in meinem Atelier. Das habe ich eine Zeit lang gemacht, bis mir das Zug- und Autofahren auf den Kranz gegangen ist. Dann bin ich auch mit meinem Atelier nach Frankfurt gezogen.
Also kannst du sagen, du bist hier angekommen?
Ich bin halt ein Berliner Junge. Ein echter Berliner, das darf man nicht vergessen. Ich bin da geboren, meine Mutter ist in Berlin geboren, wir sind mehr in Berlin verwurzelt als einige andere.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Es ist ein Mix aus Graffiti, klassischer, traditioneller Ölmalerei und relativ modernen grafischen Aspekten vom Siebdruck, der ja schon ein bisschen älter ist, aber gerade wieder auflebt.
Wie hast du deinen Stil entwickelt? Was hat dich beeinflusst?
Mein Stil hat sich in den letzten Jahren aus meiner Vergangenheit zusammengemixt. Ursprünglich komme ich aus dem Graffiti. Oder besser gesagt – das Graffiti hat meine Jugendzeit beeinflusst. Dadurch bin ich auch bei der Kunst geblieben. Als Kind malt jeder, Graffiti hält einen als Jugendlichen bei der Kunst, und danach bin ich halt weitergegangen. Graffiti ist ein Punkt, der immer noch in meinen Bildern zu sehen ist und meinen Stil mitgeprägt hat. Dann kam die Ausbildung mit der Ölmalerei, die man auch stark in meinen Bildern sieht, und dann noch das Grafische, was ich mir später angeeignet habe.
Graffiti, Grafik, Ölmalerei – wo, würdest du sagen, geht deine Tendenz hin?
Das hat sich eher zusammengeschlossen zu einem. All diese Materialerfahrungen, die ich gesammelt habe, die mache ich jetzt zu einem und mixe es. Tendenziell würde ich sagen, dass ich eher wieder zur Ölmalerei zurückkehre und da die Zukunft sehe, gepaart mit dem Siebdruck. Ich habe mir hier in Frankfurt auch gerade eine Siebdruckwerkstatt eingerichtet. Das Graffiti wird sich eher aus den Bildern rausziehen. Obwohl es ja mittlerweile viele Sprühdosen auf Acrylbasis gibt. Was ganz toll ist. Es funktioniert auch ganz gut, aber ich werde es nicht mehr so benutzen, wie ich es früher benutzt habe. Schrift wird nicht so eine große Rolle spielen und auch die Charaktergeschichte, die es früher gab, passt nicht mehr zu dem, was ich jetzt mache.
Liegt Kunst bei euch in der Familie?
Ich glaube nicht. Ich kenne eine Seite meiner Familie nicht und möglicherweise liegt sie dort, aber von der Seite der Familie, die ich kenne, ist keiner Künstler. Davon wurde mir auch immer abgeraten. Da wird mir heute noch gesagt: „Na, hast du es endlich geschafft?“ (lacht)
Gibt es ein Erlebnis, das dich und deine Kunst besonders geprägt hat?
Es gab einen Moment, wo ich nicht mehr zurückkonnte. Das war mit 18, 19 Jahren, wo mir nach dem Abitur ganz klar war: Ich will dieses Kunstding machen! Ich kann auch nichts anderes machen. Ich will nichts anderes machen. Ich habe viele Kämpfe ausgefochten, ob mit der Lebenspartnerin, meinen Eltern, meinen Großeltern – überall habe ich versucht, Verständnis zu erlangen, aber das gab es nicht. Und trotzdem bin ich dabeigeblieben. Ich will nichts anderes. Ich habe schon immer versucht, einen Weg zu finden, und schlängele mich durch die Gegebenheiten des Lebens, die auf einen zukommen, aber ich sage ganz bewusst: Ich will nichts anderes machen und würde, außer meiner Familie (Frau und Kinder), auch fast alles dafür opfern.
Kannst du dich leicht von deiner Arbeit losreißen, wenn es darum geht, dass du etwas anderes machen musst?
Mittlerweile ja. Ich bin mittlerweile klar in meinem Tagesablauf strukturiert, was vielleicht nicht gerade typisch für einen Künstler ist. Die sechs bis acht Stunden, die ich in meinem Atelier arbeite, sind dann zwar oft konfus in dem, was ich tue, trotz alledem bin ich noch strukturiert in meinen Arbeitsabläufen. Und dann ist eine halbe Stunde Pause, wo man sich dann wieder auf das normale Leben besinnt, und dort ist dann der Punkt, wo ich dann wieder zur Familie zurückkomme. Im Atelier bin ich ich.
Sind dir Reaktionen auf deine Kunst wichtig? Und wie gehst du damit um?
Reaktionen sind mir heute nicht mehr so wichtig, wie es früher einmal war. Das liegt aber glaub ich auch daran, dass man sich selbst mehr kennenlernt, und ich glaube, dass man früher versucht hat, sich über die Kunst zu identifizieren. Darüber auch vieles ausgemacht hat, wer man eigentlich ist. Heute geht es eher darum: Das, was ich mache, ist die Kunst, und deswegen sind mir Aussagen nicht mehr so wichtig. Dafür bin ich mittlerweile stark genug. Ich bin an negativer Kritik immer interessiert, um mich damit auseinanderzusetzen. Ich denke, dass am Ende beide Parteien nur davon profitieren können. Letztendlich, wie gesagt, bin ich stark genug, um mich deswegen nicht in eine Sinnkrise zu stürzen, was die Malerei angeht.
Du bist in Berlin aufgewachsen. Was bedeutet dir die Stadt als Ganzes?
In Bezug zu meiner Arbeit ist Berlin Heimat. Deswegen bin ich oft so traurig, was aus der Stadt gerade wird. Sie ist ja stetig im Wandel, aber sie entwickelt sich gerade zu einem Punkt, mit dem ich einfach nicht mehr so gut umgehen kann. Zu der Zeit, als ich aufgewachsen bin, wuchs die Stadt und man hat diesen Aufschwung miterlebt, im positiven Sinn. Mittlerweile ist es zu mainstream geworden. Berlin – meine Heimat, die gerade zu etwas anderem wird, aber noch Potenzial hat. Vielleicht muss Berlin auch erst zusammenfallen, um danach wieder neu aufgebaut zu werden.
Gibt es für dich ein künstlerisches Vorbild? Jemanden, der dich schon immer stark beeinflusst hat oder dir eine gewisse Inspiration gegeben hat?
Beeinflusst bin ich immer mal wieder von verschiedenen Künstlern,z.B. Gerhard Richter. Das Handwerk ist für mich da ganz ausschlaggebend, was ich so huldige. Aber es gibt auch immer wieder Künstler, die mich auch inspiriert haben. Aus der Graffiti-Geschichte zum Beispiel Jean Michel Basquiat und Keith Haring. Eher Leute aus den 80ern, die nicht den typischen Graffiti-Stil gemacht haben, aber die mich eher von ihrem Lebensstil beeinflusst haben. Ansonsten habe ich immer versucht, autark zu bleiben. Was schwierig ist, denn man versucht ja auf dem Kunstmarkt zu bestehen und nicht irgendwo mitzuschwimmen, sondern seine eigenen Geschichten zu machen. Deswegen glaube ich, gibt es auch nicht ganz so viele Künstler, bei denen ich sage „Das ist der Gott für mich“. Da hat man nämlich Angst, dass man in die Richtung auch malt oder sich versucht hinzuziehen.
Gibt es für dich einen deutlichen Unterschied zwischen Kunst auf der Leinwand und Kunst an der Wand?
Mittlerweile glaube ich, dass es keinen Unterschied mehr gibt. Dazu muss ich sagen, die Mittel für die Künstler, die viel an den Wänden arbeiten, sind besser geworden. Das Equipment ist tausendmal besser als noch vor 15 oder 20 Jahren. Die Farben sind brillanter, der Druck der Sprühdose, die Farben halten besser auf den Untergründen. Deswegen entstehen auch an den Wänden so tolle Sachen, dass ich sage, es gibt keinen Unterschied mehr für mich. Dass die Wandmalerei vielleicht nicht ewig überdauert, ist vielleicht der einzige Unterschied zu einer Leinwand, die in einem Raum hängt.
Hast du eine Vorliebe für gewisse Formate?
Nein. Es kommt immer darauf an, was ich für ein Motiv male. Was kommt, kommt. Bedingt durch den Graffiti-Kontext, den ich habe, musste man sich an dem langhangeln, was vorgegeben war, um ein Motiv zu entwickeln und zu sprühen. Da war eine Wand und die war, wie sie war. Deswegen sind mir Formate nicht ganz so wichtig. Für ein Porträt würde ich ein Quadrat bevorzugen. Aber das ist auch das einzige, was für mich so ein Ästhetik empfinden hat.
Siehst du einen Vorteil darin oder schätzt du diesen Vorteil, dass man sich in der Malerei Zeit lassen kann, während man beim Graffiti eher unter Zeitdruck steht?
Ich schätze sehr die Zeit, die man jetzt hat. Ein wenig zurücksetzen und auch mal einen Kaffee trinken und das Werk betrachten. Es ist ja oft so: Man sitzt auf dem Stuhl, schaut sich das Bild an und schaut's noch mal und noch mal an und sieht erst dann, wo der Pinsel noch mal ansetzen muss, um vielleicht noch ein Quäntchen Farbe hinzusetzen. Was ich immer als großen Unterschied zur Fotografie sehe. Bei der Malerei kann man immer noch was Kleines hinzugeben. Und das schätze ich schon im Gegensatz zum Graffiti. Wobei es auch da gute Tage gab, wo man mit einem Grill und einer Flasche Bier dastand und ein nettes Wochenende hatte.
Du hast ja früher mit Graffiti angefangen. Arbeitest du noch immer an der Wand?
Ab und zu arbeite ich noch an der Wand. Aber oft ungern. Die Möglichkeiten, die man mittlerweile hat, sind wunderbar. Man kann Sachen auch viel einfacher zeichnen, als es früher war. Aber es ist doch anders, ob man für sich im Atelier arbeitet und ungestört ist oder ob man an einer freien Fläche steht und Augen einen beobachten und in den Rücken stechen. Das ist doch eher unangenehm. Das habe ich auch früher beim Graffiti nicht gemocht, wenn man legal irgendwo gesprüht hat, dass Leute einen beobachtet haben. Da war immer eher schön, das Endobjekt zu sehen. So ist es halt im Atelier, da sieht man das Endobjekt und nicht den Prozess des Schaffens. Der ist egoistischer weise für mich alleine.
War es für dich von Anfang an klar, dass du deinen Ausdruck mit anderen Menschen teilen willst?
Es war von Anfang an klar, dass ich Künstler werden muss. Es ist meine Profession. Die war von Anfang an da, als Kind schon. Unbewusst vielleicht. Aber das ist auch das, was ich meinte. Mit 18, 19 Jahren kam dieser Wunsch unwiderruflich: „Du musst jetzt diesen Weg einschlagen!“ Es war einfach ein Muss. Weil mein Wille es wollte, von Anfang an. Und deswegen habe ich auch immer klar gesagt: Das ist mein Weg. Wer mich gerne begleiten will, muss akzeptieren, dass es diese Kunst gibt, der ich viel Raum gebe und für die ich fast alles tun würde. Ich kann nicht anders. Das sagen vielleicht viele Künstler, vielleicht empfinden andere Künstler es genauso, aber wenn du mich nach so einem Gefühl fragst, ist es innerlich in mir drin, dass ich sage: Es ist ein Muss. Es ist fast schon ein Zwang. Ich kann auch nicht nicht malen. Ich habe immer einen Stift in der Hand oder wenn die Scheibe beschlagen ist, dann male ich an der Scheibe. Es ist ein Prozess, der sich schon verinnerlicht hat. Und dieses „Michmitzuteilen“ oder Gedanken anderen Menschen mitzuteilen, das wird immer stärker, je älter ich werde. Auch so ganz klare Statements zu geben. Nicht nur auf Schönheit zu achten, sondern auf eine klare Aussage vom Bild hinzuarbeiten. Wenn die nicht verstanden wird, dann zumindest mit dem Betrachter ins Gespräch gehen und ihm erklären, worum es geht, dass er meine Gedankenprozesse versteht. Weil auch da Kunst drin liegt. Der Kunstgedanke ist das, was im Kopf ist. Das andere ist Handwerk. Ich glaube, dass das schon immer da war und sein wird, bis ich nicht mehr sein werde.