Die Kunst und du – wie seid ihr Euch nahegekommen?
Ich war schon immer fasziniert von allen Arten der Kunst. Sei es Musik, Literatur, Bildhauerei oder Malerei. Ich habe mich auch an allem versucht, mit mehr oder weniger Erfolg. Musik und Malerei haben es mir am meisten angetan. Ich bin auch einer dieser „Kunst-Abiturienten“, denen gerne nachgesagt wird, sie hätten ihr Abi geschenkt bekommen. Das wird aber nur von Leuten behauptet, die Kunst in der Schule abgewählt haben.
Während der Schulzeit habe ich mich schon privat viel mit Musikern und Künstlern beschäftigt, viel ausprobiert, viel gelesen. Nicht nur die Werke, die der ein oder andere Künstler auf Leinwand gebracht hat, waren wahre Offenbarungen für mich als Teenager, auch die Geschichten der Menschen. Sie waren immer ein Mysterium für mich. Irgendwie etwas ganz Besonderes. Sie haben aus ihrer Überzeugung etwas erschaffen, dass sie mit anderen Menschen teilen konnten. Ob die das nun gut oder mies fanden, spielt dabei keine Rolle, die Künstler haben auf subtile Weise ihren Senf dazu gegeben und das machte die Kunstwelt für mich so faszinierend.
Wie würdest deine Beziehung zur Kunst beschreiben?
Ernst, aber liebevoll. Kunst und ich passen gut zusammen. Wir ergänzen uns, bringen uns gegenseitig weiter und inspirieren uns auf ganz eigenartige Weise. Dabei entstehen Träume, Hoffnungen und unsere Bindung wird stärker. Manchmal sind wir uns uneinig, streiten uns sogar ein bisschen. Aber, nachdem ein wenig Wasser die Leinwand hinuntergelaufen ist, finden wir wieder zusammen, erinnern uns, was wir voneinander haben und wie gut uns unsere Beziehung tut. Es ist ein Geben und Nehmen und wir profitieren beide davon.
Du malst vor allem semi-abstrakte maritime Motive. Erzähl mal, was ist das mit dem Meer und Dir, woher kommt die Verbindung?
Das hat früh angefangen. So weit ich zurückdenken kann, war Wasser schon immer mein Element. Mit drei Jahren trat ich dem Schwimmverein des DLRG bei. Im Wasser habe ich mich schon immer wohlgefühlt. Das Gefühl von Schwerelosigkeit in dem Element, dass das Leben auf dieser Erde bestimmt, ist einzigartig. Mit meiner Familie war ich oft im Urlaub an Deutschlands Küsten. Der Wind im Haar, der Duft des Meeres, die Rufe der Möwen, das Meeresrauschen, der Sand zwischen den Zehen… ist das nicht befreiend? Es ist eine beruhigende Atmosphäre, die zugleich nachdenklich macht. Aber genau das verbindet mich mit dem Meer. Ich kann meine Gedanken schweifen lassen und das Meer antwortet mit einer Welle.
Das Meer ist allgegenwärtig für mich und wenn ich von all den Geschichten höre, wie es unseren Meeren geht, was manchmal Absurdes mit ihnen angestellt wird, fühle ich mich noch mehr zum Meer hingezogen. Ich möchte, dass es ihm gut geht. Das Meer ist der Inbegriff von Leben. Es gibt uns so viel und wir sollten auch etwas zurückgeben.
Wie sammelst du deine Inspiration?
Inspiration finde ich direkt vor der Haustür. In unserem kleinen Küstendorf Carolinensiel warten jede Menge Eindrücke und faszinierende Orte. Historische Schiffe, das Wattenmeer mit seiner einzigartigen Flora und Fauna, Salzwiesen und typische maritime Motive. Ich male selten ein Schiff, aber es inspiriert mich für meine abstrakten Werke. Wenn ich am Meer sitze – ob das Wasser jetzt da ist oder nicht –, gehen mir unendlich viele Motive durch den Kopf, Ideen, die ich am liebsten sofort umsetzen möchte, aber meist kommt es einfach aus mir heraus. Ich bin dankbar dafür, dass es mir nicht an Inspiration und Ideen mangelt.
Wo malst du und wie hast du dich dort eingerichtet?
Ich wohne erst seit etwas mehr als einem Jahr in Carolinensiel und bin noch auf der Suche nach einem geeigneten Atelier. Das ist gar nicht so einfach, denn in so einem beliebten Küstenort sind Räumlichkeiten rar. Aber ich bin guter Dinge, dass ich eines Tages meine Sammler und Kunstbegeisterte in mein Atelier einladen darf.
Zur Zeit ist mein Arbeitsplatz in unserem – zum Glück – großen Wohnzimmer eingerichtet. Dort habe ich genug Platz, um Leinwände und fertige Gemälde zu lagern. Ein Großteil meiner Werke hängen an der Wand. Meine Materialien, wie Farben, Papiere und Werkzeuge, sind alle griffbereit, so dass ich direkt malen kann, selbst wenn ich spontan eine Idee habe. Das ist mir am wichtigsten, deshalb auch der Wunsch nach einem geeigneten Atelier. Einfach alles stehen und liegen zu lassen und einfach weiter an dem Werk zu arbeiten, wenn das Gefühl stimmt.
Was brauchst du außerdem unbedingt, um gut arbeiten zu können?
Ruhe und Musik. Wenn das beides stimmt, kommt alles von ganz allein. Ruhe herrscht meist abends und bei der Musik handelt es sich um viele meiner Lieblingslieder, die von klassischen Klavierstücken bis zu Heavy Metal reichen. Und ja, das bringt mir auch Ruhe.
Wie beginnst du ein neues Werk?
Ich habe meist eine ganz grobe Vorstellung. Je nachdem ob ich Strukturen einarbeiten möchte, behandle ich die Leinwand vorher mit Strukturpaste. Ich wähle vorher schon eine zwei drei Farben aus, mit denen ich die Leinwand einfach immer wieder bemale und schaue was passiert. Der Rest kommt spontan. Das macht mir so viel Freude an der abstrakten Malerei. Du weißt nicht zu 100% was passiert und kannst das Gefühl, welches du genau in diesem Moment hast, mit verarbeiten.
Hand aufs Herz und Butter bei die Fische: Ist „You drip the blood“ aus deinem Kopf entsprungen oder aus einem ungebändigten Tropfen?
Einige meiner Werke sind Zufallsprodukte, das ist wohl wahr, aber gerade bei diesem ist das nicht der Fall. Das Werk war schon weit fortgeschritten, als ich von den Vaquitas, den Kalifornischen Schweinswalen, hörte. Ich habe viele Berichte gesehen und gelesen und war einfach schockiert und berührt. Die Vaquitas leben im Golf von Kalifornien und sind eine der bedrohtesten Tierarten der Erde. Nach der letzten Zählung wurde bekannt, dass es nur noch 18 Exemplare gibt. Der Grund ist die illegale Fischerei im Golf von Kalifornien, bei der sich die Schweinswale in den Netzen verfangen und grausam verenden. Sie können nicht mehr auftauchen, um Luft zu holen und ertrinken. Mit dieser Tatsache im Hinterkopf, habe ich weiter an dem Werk gearbeitet und die Linie und der Tropfen waren da.
Sprichst du gern über deine Kunst?
Im Allgemeinen finde ich nicht, dass man über Kunst sprechen müsste. Sie ist da, sie wirkt auf uns, sie gibt uns etwas mit und jeder von uns kann seinen Teil aus ihr ziehen. Das ist das wundervolle an Kunst. Sie spricht ohne zu sprechen.
Ich mag es mit anderen Künstlern zu sprechen, sich auszutauschen. Da geht es meist um Techniken oder den Werdegang eines Werkes, aber das ist sehr interessant und macht Spaß. Natürlich erzähle ich Interessierten auch von meiner Kunst, aber es freut mich noch mehr, wenn das Werk alles sagt.
Kannst du deine Werke leicht ziehen lassen, wenn sie vollendet sind?
Ich weiß relativ schnell wann ein Werk fertig ist oder ob noch etwas fehlt. Das finde ich gut, denn ich habe dann direkt schon eine neue Idee im Kopf. Manchmal ist das Werk zwar fertig, aber es braucht ein paar Tage um bei mir anzukommen. Ich weiß, dass es fertig ist, aber es gefällt mir nicht. Dann schaut es mich ein paar Tage an und ich finde immer mehr Gefallen an dem Werk. Wenn ich eines meiner Gemälde verkaufe, ist es zwar ein komisches Gefühl, weil ein Teil von mir geht, aber das Wissen, dass es jemandem Freude bringt und ein Zuhause findet, wo es geschätzt wird, ist unbezahlbar.
Möchtest du mit deiner Kunst etwas in den Menschen bewegen?
Ich mache Kunst, weil es mich zu einem besseren Menschen macht. Aber die Liebe zum Meer bewegt mich dazu, in den Menschen ein Bewusstsein für diesen einzigartigen Lebensraum zu schaffen. Aus den Meeren dieser Welt ist das Leben, so wie wir es kennen, entstanden. Sie sind unsere Herkunft, unser Ursprung. Die unvergleichliche Schönheit spricht für sich. Aber leider weiß der Mensch auch, wie man so etwas zerstören kann. Unseren Weltmeeren ging es noch nie so schlecht wie jetzt, und wenn wir alle nur einen kleinen Beitrag leisten, können wir das ändern. Das versuche ich mit meiner Kunst, den Menschen zu zeigen wie wunderschön die Meere sind und zu verdeutlichen, dass wir das nicht aufs Spiel setzen dürfen. Deshalb spende ich auch einen Teil der Einnahmen jedes Werkes an Sea Shepherd Deutschland.
Was machst du, wenn du nicht malst?
Wenn ich nicht male, arbeite ich an den Vorbereitungen meiner Workshops, die dieses Jahr zum ersten Mal stattfinden sollen. Außerdem habe ich eine Leidenschaft für die Fotografie entdeckt, so als Hobby und bereite die ein oder andere Printveröffentlichung in Bezug auf meine Kunst vor. Neben all den Dingen, die ja doch was mit meiner Arbeit zu tun haben, bin ich Vater und genieße die Zeit mit meiner Familie. Also, es wird wirklich nie langweilig und ich merke immer wieder, dass 24 Stunden am Tag einfach zu wenig sind.