Du hast britische und persische Wurzeln, wurdest in Paris geboren und lebst nun in Berlin. Welche Stadt oder welches Land würdest du als Heimat bezeichnen?
Um ehrlich zu sein glaube ich, meine echte Heimat ist das Vereinigte Königreich. Ich verließ Paris als ich zwei war, und ich war nur einmal im Iran – ich glaube als ich zwölf war –, also habe ich diese Wurzeln nicht so sehr erforscht. In meiner Heimatstadt gab es aber eine kleine persische Community, mit der ich Kontakt hatte und es gab jede Menge Essen in meinem Leben, persisches Essen. Ich identifiziere mich ganz gerne damit, denn ich finde es ein bisschen interessanter als meine englische Seite. Aber ich habe mein ganzes Leben in England verbracht, bis ich 21 war, dann ging ich nach Amsterdam. Also würde ich sagen, England ist meine echte Heimat und ich bin auch ganz stolz darauf, denn es kommt eine Menge gutes Zeug aus England, was Kunst und Musik angeht. Tatsächlich habe ich eine Beziehung zu der dunkleren Seite der britischen Kultur, dem Humor, dem ziemlich schlechten Wetter, all diesen Dingen. Sie drücken sich auch irgendwie in meiner Kunst aus. Ja. Denn das Persische ist bunter und etwas hübscher, aber ich mag etwas dunkler und hässlicher sein.
Welchen Einfluss hat dein Wohnort Berlin auf deine Arbeit?
Ich bin erst seit drei Monaten hier – und überhaupt, was die Arbeit angeht bin ich an dem Punkt angelangt, wo ich mich ganz firm in dem fühle, was ich mache. Berlin hat meine Einstellung zum Leben in Allgemeinen ein bisschen verändert, ich fühle mich hier lockerer und ich spüre dass ich etwas freier sein kann. Also meine Mentalität und wie ich mein Leben lebe hat sich verändert, aber die Kunst noch nicht unbedingt so sehr. Mal schauen, was passiert.
Wie bist du zur Kunst gekommen?
Natürlich habe ich als Kind mit Zeichnen angefangen, damit ging’s los, dann denke ich, habe ich aus Sturheit oder Faulheit nicht wirklich etwas anderes ausprobiert. Ich hatte diese Leidenschaft und wollte ihr einfach folgen. Ich probierte nicht viel anderes aus, also kam ich zu dem Punkt, wo ich entweder das machen würde oder gar nichts. So wurde es so etwas wie eine Gewohnheit, ein natürlicher Weg den ich nicht verlassen kann. Ja, und ich mag nicht wirklich sagen, dass ich ein Künstler bin, ich mag das Wort nicht so oft benutzen.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Es gibt nicht wirklich den einen Stil, der mich ausmacht. Verspielt und locker, manchmal ist es eher dunkel und suggestiv. Aber ich kann wirklich nicht mit dem Finger auf einen bestimmten Stil zeigen. Ich mag hin und her springen, verschiedene Medien benutzen und in Sachen Stil ist es manchmal eher Surrealismus, manchmal mehr Street Art, Figurenentwicklung, Collage. Ja, es ist sehr breit gefächert, aber so mag ich es.
Viele deiner Bilder zeigen monsterähnliche Figuren. Woher nimmst du deine Inspiration dazu?
Ja, ich denke die Monster und die Figuren kommen irgendwie von meiner frühen Liebe zu Cartoons und Comics und solchen Sachen. Street Art und Figurenentwicklung haben wirklich eine Saite in mir angeschlagen. Ich begann, Street Art in meiner Heimatstadt zu machen als ich 14 war, mit Schablonen von Bart Simpson und den Ghostbusters und diesen Popkultursachen. Ich habe ein paar von diesen Sachen online gepostet und dann dafür etwas Haue bekommen, von älteren Grafitti-Leuten, die sagten, das ist ja nichts Eigenes und bla bla bla. Ich war damals erst 14 und fand das blöd, aber dann brachte es mich auch dazu, meine eigenen Figuren zu erschaffen. Und da fing es dann richtig an, ich wollte meine eigenen Monster und Bilder schaffen.
Gibt es Tage oder Momente, in denen dir kreative Arbeit schwer fällt?
Was meine Arbeitsethik angeht, die ist wirklich wechselhaft, es passiert normalerweise wenn ich mich etwas niedergeschlagen fühle oder auf die Welt scheißen will. Wenn das passiert, schließe ich mich manchmal einfach weg und arbeite, aber das ist sehr wechselhaft. Manchmal habe ich einen starken Antrieb zu arbeiten, manchmal lasse ich es einfach sein. Aber ich habe das Gefühl, das ich arbeiten sollte, es ist mein Job und ich wenn ich es zu lang liegen lasse, baut sich dieses Schuldgefühl auf, dass ich nichts getan habe und manchmal gelangt es an den Punkt wo ich mich nicht inspiriert fühle und es einfach wegdrücke. Ich denke normalerweise läuft es ziemlich flüssig, ich arbeite an den meisten Tagen und mache ein bisschen was. Aber es gab Zeiten in meinem Leben, wo meine Arbeitsethik schlecht war, aus verschiedenen Gründen.
Du veröffentlichst auch Soundfiles, zum Beispiel Deep House Tracks. Welche Verbindung gibt es zwischen deiner Musik und deinen Illustrationen?
Musik ist auch ein großer Teil meines Arbeitslebens und meines Lebens überhaupt. Ich liebe es, wie die Musik meine Stimmung beeinflusst. Manchmal, wenn ich mich ärgere, höre ich Grind Music und gebe mich da richtig rein, und manchmal wenn ich fröhlich sein will und tanzen will, und ich male und stehe und mich bewege, dann ist es House Music. Manchmal, wenn ich reflektieren will, höre ich Musik mit Text. Manchmal nehme ich auch den Text und verwandle ihn in einen visuellen Kontext. Ich kann mir Arbeiten ohne Musik kaum vorstellen. Quasi immer wenn ich arbeite mache ich Musik an.
Wie siehst du dich und deine Kunst in der Zukunft? Gibt es etwas auf das du abzielst? Etwas Besonderes, das du vorhast?
Ich habe kein Endergebnis als Ziel. Vielleicht ist das auch irgendwie gut so. Eine Sache, die ich gern sagen würde ist, dass ich nicht nur von der Malerei und dem Verkauf von Gemälden leben will, sondern auch etwas Kreatives im Grafikdesignbereich oder im Kunstbereich machen will. Das wäre mein Langzeitziel, wenn ich eins nennen müsste. Ich plane nicht voraus, ich lebe von Tag zu Tag und das ist wirklich stressig und ich lade es immer auf meinen Freunden ab und auf denen, die ich liebe. Und sie sagen manchmal, du solltest versuchen, dich auf etwas zu fokussieren und etwas stabiler werden, aber ich bin ziemlich sprunghaft und lebe von Tag zu Tag, und im Moment ist das okay. Vielleicht entscheide ich mich in ein paar Jahren, dass ich etwas stabiler sein will. Mal sehen.
Grafik-Design oder Illustration – was bevorzugst du?
Was meine Arbeit angeht, ich arbeite auf eine Menge verschiedene Arten. Grafik-Design, Illustration und Malerei, aber es gibt nichts, auf das ich mich beschränken will, den ich würde diese Welt langweilig finden, wenn es nur eine Art Kunst und eine Art zu arbeiten gäbe, und für mich ist meine Arbeit meine Welt, daher will ich sie mir allem füllen was ich habe und ich will in Bewegung bleiben und dann sehe ich Dinge und manchmal mache ich eine ganz freie Malerei und dann sehe ich ein tolles Grafik-Design eines Tages und das treibt mich dann dazu, etwas strengeres und grafischeres zu machen. Es springt wirklich hin und her und das ist die Art, wie ich arbeiten mag.
Wer ist der Kerl mit dem Schnurrbart und der Sonnenbrille, den du als Alter Ego verwendest?
Der Kerl, den ich als Bildsymbol verwende – ich weiß nicht, wer er ist. Ich sammle alte Magazine und ich mochte einfach sein Bild. Es war in einem Heft… einem holländischen Kinomagazin, ein Still aus einem Film oder so was, ich bin nicht ganz sicher. Ich mochte einfach, wie er aussieht. Er hatte eine Brille auf, aber ich habe sie ausgeschnitten und so verändert, dass es wie eine Sonnenbrille aussieht. Ich mochte einfach, wie es aussah. So ist es ständig mit meiner Arbeit, das Visuelle ist für mich sehr wichtig. Ich versuche schon auf eine Art, Bedeutung zu schaffen, aber nicht aktiv. Aber ich denke, jeder Künstler drückt etwas von sich selbst aus und von seinem Leben, das kann man nicht vermeiden. Aber ich denke, dass ich das nicht forcieren will, es sollte ein bisschen von selbst kommen. Wenn man nicht etwas ganz Bestimmtes zu sagen hat, sollte man es einfach fließen lassen. Und das mache ich.
Bist du ein grantiger/schroffer Typ? Oder wie kann man deinen Künstlernamen Kimbo Gruff erklären?
Kimbo – meine Eltern haben mich scherzhaft so genannt. Das Gruff ist ziemlich neu. Ich stand schon immer auf Graffitti-Kultur, einmal habe ich ein Bild von einem Typen mit Bart gemalt und einfach Gruff darunter geschrieben. Ich fand, das ist ein schönes Wort, das ich ans Ende meines Namens packen kann, es klingt gut. Was meine Persönlichkeit angeht, kann ich unglaublich grantig sein und dann aber auch wieder ziemlich fröhlich.
Mit welchem Material arbeitest du am liebsten?
Was das Arbeitsmaterial angeht, kommt echt darauf an. Ja, ich mag Fotografie und verschiedene Arten von Techniken. Aber ich würde sagen, letzten Endes fühle ich mich am freisten, wenn ich eine Leinwand oder irgendeine Oberfläche bemalen kann. Dann ist es so eine Art… reiner Kampf mit deinem inneren Selbst, es ist viel roher auf eine Art und da ist nur man selbst, der etwas auf die Leinwand bringt. Fotografie ist nett, aber es ist eher das Einfangen von Dingen, die außerhalb von Dir passieren, während man beim Malen auf die Leinwand etwas herauslässt. Darum liebe ich es am meisten.
Was bedeutet Kunst in deinem Leben?
Es ist einfach das, was ich mache. Kunst ist vielleicht zu viel von meinem Leben geworden. Es ist einfach eine Gewohnheit und ich komme nicht davon weg, also bin ich dazu verdammt, das, was ich tue, ständig zu perfektionieren. Aber das hält es auch am Laufen, denke ich: wenn man nie zufrieden mit den Sachen ist. Man macht etwas, das funktioniert. Aber man ist nie zufrieden damit. Es frustriert manchmal ein bisschen, man liebt es aber manchmal hasst man es auch. Aber so ist halt Kunst, schätze ich.
Machst du deine Kunst nur für dich selbst oder für ein Publikum, dem du eine Message senden willst oder so etwas?
Ich mache Kunst generell für mich. Es ist eine Art Belohnung für mich selbst, etwas zu erschaffen. Ich glaube, ich denke schon darüber nach, wie die Leute das wahrnehmen werden, aber das ist kein guter Gedanke, wenn man gerade loslegt. Naja, das kommt drauf an. Wenn man wirklich eine Message vermitteln will, einen politischen Standpunkt oder wenn man eine Sache voranbringen will, aber man sollte sich nicht zu viele Sorgen darum machen, was Menschen vielleicht darüber denken, denn es würde beeinflussen, wie… es würde nicht pur sein. Also zu allererst mache ich es für mich. Aber klar gefällt mir das, wenn Menschen sich daran auch erfreuen, das ist natürlich toll. Es ist nicht so, dass ich in einem Vakuum sein will, wo ich alleine Kunst mache und sie dann in ein schwarzes Loch schicke oder so was. Ich mache sie für die Welt. Wenn sie sie will.