Was war dein Berufswunsch als Kind?
Ich hatte zwei Berufswünsche als Kind. Zum einen wollte ich irgendetwas mit Tieren machen: Bäuerin, Tierärztin ... Irgendetwas, bei dem man seine Zeit mit Tieren verbringt. Die Tierliebe hat bis heute gehalten. Zum anderen träumte ich von einem Leben als Ballett-Tänzerin. Ich denke – typisch Mädchen –, die rosa Tutus, die Grazie der Bewegungen in Verbindung mit Musik hatten es mir wohl angetan.
Was ist Kunst für dich?
Kunst bedeutet für mich eine der wenigen Möglichkeiten, völlig im „Hier und Jetzt“ zu sein. Das gilt für alle Kunstarten: Musik, Tanz, bildende Kunst. Sowohl beim Betrachten von Kunst als auch beim Schaffen kann ich mich völlig darin verlieren. Kunst kann mitreißen und ich tauche ab in eine andere Welt mit ihrer ganz eigenen Realität. Kunst kann Dinge visualisieren, die sich zuweilen schlecht in Worte fassen lassen. Die Sprache der Kunst ist direkt, kann Emotionen auslösen, trifft unmittelbar ins Herz. Kunst hat keine Regeln und Gesetze und bedeutet für mich daher auch ein Stückchen Freiheit.
Wenn du deinem Kunststil einen Namen geben solltest – wie würdest du ihn nennen?
Ich würde ihm keinen Namen geben. Eine Namensgebung impliziert eine Richtung, eine Einordnung. Aber das Schaffen hat für mich viel mit Ausprobieren zu tun, sich treiben lassen, auch den Zufall gewähren lassen. Dadurch entstehen viele unterschiedliche Stile. Allerdings gibt es einige Elemente in meiner Kunst, die oft vorkommen, mit denen ich gerne spiele wie z.B. Typografie, ich liebe auch die Zufälligkeit von Klecksen. Gesichter üben ebenfalls eine Faszination auf mich aus.
Deine Kunstwerke erinnern an Modeskizzen – gehen aber künstlerisch weit darüber hinaus. Verbindet dich etwas mit Modedesign?
Ganz sicher meine Ausbildung: Ich habe mein Diplom an der Deutschen Meisterschule für Mode in München gemacht. Tatsächlich liegen meine Wurzeln aber weniger im Modedesign als vielmehr in der Modegrafik. Nicht das Entwerfen von Mode interessiert mich, sondern die Mode und die Lebensgefühle, die mit ihr verkauft werden. Sicher eine Scheinwelt, aber sie enthält eben viel Schönheit und Ästhetik; was ist daran auszusetzen? Ich liebe auch die Übertreibung und die Überspitzung, die der Modezeichnung oft zugrunde liegt. Genau dort setzt auch das „sich Entfernen“ von der reinen Modeskizze an: Ich verwende die Stilmittel der Modezeichnung, aber es geht dabei nicht um die Darstellung der Mode an sich.
Von wem hast du am meisten gelernt?
An die Kunst herangeführt hat mich meine Kindergärtnerin. Durch sie wurden Stift und Papier wichtige Begleiter in meinem Leben. Da meine Kunst immer eine Kombination aus Handwerklichem und Digitalem ist, muss ich zwei „Lehrmeister“ nennen: Das Skizzieren, Zeichnen, Malen und die vielen verschiedenen Techniken habe ich während zwei Jahren an einer Kunstschule gelernt. Das Akt- und figürliche Zeichnen dort führte mich dann an die Modeschule, an der ich meine „Kunstfertigkeit“ noch vertieft und spezifiziert habe. Der andere Lehrmeister war meine langjährige Tätigkeit in einer Redaktion als Grafikerin. Diese Redaktion war die damals einzige in Deutschland, die bereits Computer besaß und Layouts auf digitalem Weg erstellte. Da gab es noch keinen Apple und keine Creative Suite.
Wo arbeitest du an deinen Bildern?
Leider besitze ich kein Atelier. Meine Bilder entstehen im „kleinen Kämmerlein“, sprich: in meinem Arbeitszimmer. Auf der einen Seite des Zimmers habe ich einen großen Tisch und eine Staffelei für die „analoge“ Arbeit: Papier, Leinwand, Zeichenutensilien, Farben etc. Auf der anderen Seite des Zimmers befindet sich ein großer Tisch mit sämtlichen digitalen Geräten, die ich ebenfalls für meine Arbeiten benötige, also Computer, Drucker, Scanner und so weiter. Wenn's mal heftig zugeht mit Farben – zum Beispiel bei der Erstellung von Splashes, Spritzern – muss ich mich tatsächlich nach draußen begeben, damit ich nicht alle 6 Monate mein Zimmer neu streichen muss!
Wie bereitest du dich vor, wenn du ein neues Kunstwerk angehst?
Da ich eher spontan bin, geht es bei mir – zumindest was die Kunst betrifft – recht planlos zu. Wenn mich etwas „anspringt“, dann leg' ich einfach los. Und wenn der Alltag mit all seinen „to dos“ es nicht zulässt, dann gibt’s eine extra dafür angelegte Liste. Dort werden meine Ideen notiert, um sie irgendwann später umzusetzen.
Woher nimmst du die Inspiration?
Die Inspiration steckt für mich in den vielen kleinen Dingen des Lebens: ein aufgeschnapptes Wort/Satz, ein Blick, die eigene Stimmung/Gefühle, Fotos, Kunstwerke anderer Künstler. Aber auch besondere Maltechniken oder technische Neuerungen auf dem digitalen Sektor beflügeln meine Fantasie.
Du arbeitest nicht nur mit einer Technik – zum Beispiel Zeichnung –, sondern deine Bilder entstehen in mehreren Schritten. Bitte beschreibe einmal den Prozess.
Kurz gesagt: Ich kombiniere die kreativen Möglichkeiten auf dem technischen Sektor, also Zeichen- und Bildbearbeitungsprogramme mit dem Handwerklichen, das heißt Zeichnen, Malen, Collage und so weiter beziehungsweise umgekehrt. Ausführlicher bedeutet das Folgendes: Eine Arbeit kann ihren Anfang sowohl auf dem Computer als auch auf dem Papier finden. Wenn ich eine Arbeit auf dem Computer starte, so wird diese nach ihrer Fertigstellung ausgedruckt. Dazu habe ich einen besonderen Drucker, mit dem man auch verschiedene Papiere, Aquarell, Canvas et cetera, bedrucken kann. Die Auswahl des Papiers ist abhängig von der Technik, mit der ich das auf dem Computer entstandene Motiv manuell weiterbearbeiten will. Allerdings muss ich für Drucke, die eine Höhe oder Breite von DIN A3 überschreiten, die Arbeit in eine Druckerei geben. Der Druck wird dann durch die Überarbeitung mittels Stiften, Farben, Collagen etc. zum Original, zum Einzelstück. Öfter jedoch gehe ich den umgekehrten Weg. Ich zeichne, male. Das entstandene Bild wird gescannt und auf dem Computer weiter gestaltet. Nach Fertigstellung wird die Arbeit ausgedruckt und nochmals mit Stift, Pinsel und sonstigen Mal-Utensilien überarbeitet.
Wie lange arbeitest du etwa an einem Bild?
Das ist natürlich unterschiedlich. Aber länger als eine Woche dauert es selten. Dazu bin ich viel zu ungeduldig bzw. spontan! Hinzu kommt: Wenn ich einmal mit einem Bild angefangen habe, dann vergesse ich alles um mich herum und ich kann und will mich mit nichts anderem mehr beschäftigen. Auch das führt oft zu einer relativ schnellen Fertigstellung.
Ist es leicht für dich, zu bestimmen, dass es fertig ist?
Das kann ich eindeutig mit „Ja“ beantworten. Er kommt immer, dieser Moment, wo man plötzlich spürt/sieht: So gefällt's mir! Sei es, weil es genau dem Bild im Kopf entspricht, das ich vor Beginn der Arbeit hatte, oder der Zufall dazu führte – ein „falscher“ Strich hat schon oft zu tollen Ergebnissen geführt. Eventuell wird dann noch an der einen oder anderen Ecke gefeilt, aber im Großen und Ganzen steht die Sache dann schon.
Wie wichtig ist dir, dass andere Menschen deine Kunst sehen?
Nun ja: In erster Linie zählt wohl für jeden Künstler der Spaß und die Leidenschaft an der Kunst. Dennoch ist es mir auch wichtig, dass andere Menschen meine Kunst sehen. Jeder Mensch hat seine ganz eigene Sichtweise. Ich finde es einfach interessant, was für eine Reaktion mein Bild hervorruft, ob es überhaupt eine Reaktion hervorruft ... Mir geht es also dabei nicht so sehr um ein Urteil – denn Kunst ist bekanntlich Geschmackssache –, sondern eher um den schönen Augenblick, wenn ich sehe oder höre, dass der Betrachter für sich ganz persönlich etwas mit dem Bild verbindet.
Was sagen andere über deine Kunst?
Nur Positives! Nein, kleiner Scherz. Die Frage müsste wohl eher lauten: WANN sagt jemand etwas über deine Kunst? Wenn sie ihm gefällt, wenn sie ihm nicht gefällt? Ich würde sagen, wenn jemand keinen Gefallen an meiner Kunst findet, wird er allenfalls achtlos daran vorbeigehen, spricht ja dann sowieso schon Bände. Also kann ich nur die Leute zitieren, denen meine Kunst positiv aufgefallen ist. Da fallen dann Begriffe wie: detailverliebt, weiblich, expressiv, emotional, dekorativ...
Welches war dein bisher schönstes Erlebnis mit deinen Bildern?
Auf einer Ausstellung zeigte ein junges Mädchen besonderes Interesse an einem Bild. Sie stand lange davor, fotografierte es aus verschiedenen Blickwinkeln mit ihrem Handy, stellte viele Fragen, erkundigte sich nach dem Preis ... und verschwand. Am nächsten Tag kam ein Ehepaar an meinen Stand, steuerte ohne Umschweife direkt auf mich zu mit der Ansage, dieses Bild kaufen zu wollen. Sie hatten kaum einen Blick darauf geworfen. Ich fand das natürlich etwas verwunderlich. Es stellte sich heraus, dass dieses Paar die Eltern des Mädchens waren. Ihre Tochter hatte so von diesem Bild geschwärmt und ihnen via Handy die Fotos geschickt, dass die Eltern sich kurzerhand entschlossen hatten, auf die Ausstellung zu gehen und ihre Tochter mit dem Erwerb dieses Bildes zu überraschen. Das schönste Kompliment, was man als Künstler überhaupt bekommen kann: wenn sich jemand in dein Werk „verliebt“.
Welche Kunst hängt bei dir zu Hause?
Ein paar Bilder, Skizzen von Künstlern, mit denen ich befreundet bin bzw. Bilder, die ich von Künstlern gekauft habe, Bilder meiner Mutter, die auch malt, aber auch eigene Werke, die mir besonders gefallen.
Was machst du, wenn du keine Kunst machst?
Neben meiner Arbeit als freiberufliche Grafikerin versuche ich möglichst viele schöne Momente zu erleben: mit Freunden, Familie und – ganz wichtig – mit meiner Kamera. Ich fotografiere leidenschaftlich gerne, allerdings nicht professionell. Es bedeutet für mich eher die Jagd auf die ungewöhnlichen Motive, Schönes, Hässliches, Andersartiges ... Durch die Linse der Kamera sieht man anders.
Wohin geht deine künstlerische Reise als Nächstes?
Richtiger wäre Reisen, also Plural. Wie schon erwähnt: es gibt eine Liste! Was mich vielleicht momentan am meisten reizt: die Fotografie als dritte Komponente – zu den bisher zweien – noch ins Spiel zu bringen. Das Foto mittels Malerei, Zeichnung zu verfremden, zu verändern. Die Zeichnung realer machen? Dem Foto das Fotorealistische nehmen? Es gibt da viele Möglichkeiten. Ganz nach meiner Devise: Ausprobieren, mit dem Zufall spielen, Bilder im Kopf zu Papier bringen.